Franklin – Wie unsere Gedanken unsere Bewegungen beeinflussen

In diesem Blogtext möchte ich der Frage nachgehen, was die Franklin Methode ist und was diese mit Yoga zu tun hat. Dazu werde ich zunächst etwas ausholen und in der Zeit zurückreisen.

Die Ausbreitung somatischer Bewegungs- und Therapieformen

Mit Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Yoga in der westlichen Welt immer bekannter. Als Auslöser kann die Rede von Sami Vivekananda vor dem Weltparlament der Religionen 1893 in Chicago betrachtet werden. Dort stellte er Praktiken des Yoga vor, die über Jahrtausende in Indien entwickelt wurden, um einen gesunden Körper und einen ausgeglichenen Geist zu erlangen und zu einen Zustand von Zufriedenheit zu vereinen.

Im gleichen Zeitraum entstanden an unterschiedlichen Orten der Welt somatische Bewegungs- und Therapieformen. „Soma“ lässt sich aus dem Griechischen mit „der lebendige Körper in seiner Ganzheit“ übersetzen. All diesen Praktiken ist gemeinsam, dass sie einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen. Die Verfeinerung der Eigenwahrnehmung und damit verbunden, die Offenheit eigene Bewegungsgewohnheiten zu erkunden, ist ein bedeutender Aspekt somatischer Praxis. In dem Zusammenhang ermöglicht uns das Erforschen der eigenen Körperausrichtung, Bewegung und Atmung, unsere Haltungs- und Bewegungsgewohnheiten positiv zu beeinflussen.

Die Ausbreitung unterschiedlicher Formen somatischer Arbeit und die stetig wachsende Beliebtheit der Asana Praxis im Yoga entwickelte sich zeitgleich und hatte eine gegenseitige Bereicherung der jeweiligen Praxis zur Folge.

Die Entstehung der Franklin Methode

In diesem Zusammenhang ist die Franklin Methode eine relativ junge, dem somatischen Feld zuzuordnende Erscheinung. Sie wurde 1994 von Sportlehrer und Tänzer Eric Franklin als eigene Methode etabliert und basiert auf der Ideokinese. Der Begriff Ideokinese ist eine Wortschöpfung, welche die beiden griechischen Worte ideo  (Idee oder Gedanke) und kinesis (Bewegung) zusammenfügt. In der Franklin Methode gehen wir der Frage nach, wie unser Denken unsere Art und Weise uns zu bewegen beeinflusst.

Wir alle entwickeln im Laufe unseres Lebens individuell einzigartige Haltungsmuster und ein uns eigenes Bewegungsrepertoire. Darüber hinaus beeinflusst die Welt, in der wir uns bewegen unsere Bildersprache, die wir wiederum nutzen, um Situationen oder Zustände zu beschreiben: Wir fühlen uns federleicht oder bleischwer; wir surfen im Netz, kombinieren messerscharf; entwickeln Bärenkräfte, schwimmen gegen den Strom; wir brennen für etwas und tappen im Dunkeln, bevor uns schließlich ein Licht aufgeht.

Die Kraft der Imagination

Vorstellungsbilder können durch unsere Sinne und Erfahrungen spontan hervorgerufen oder gezielt generiert werden. Wir können unsere Vorstellungskraft aktiv nutzen – uns zum Beispiel vorstellen, wir säßen nicht am Schreibtisch, sondern inmitten einer wunderschönen Landschaft, was uns vielleicht hilft nach einen anstrengendem Arbeitstag besser zur Ruhe zu kommen.

Das Potential unserer Vorstellungskraft wird heute in verschiedenen Berufsfeldern angewandt. Medizinische, psycho- und physio-therapeutische Bereiche nutzen Imagination zur Gesundung und Rehabilitation, Sport und Tanz (und andere) zur Leistungssteigerung. Auch in den Bereichen Zielsetzung, Motivation und Stressreduktion kann unsere Vorstellungskraft bewußt eingesetzt werden.

Unsere Körperhaltung und unser Körperbild werden stark durch unsere Vorstellung beeinflusst und geprägt. Ist unsere Körperausrichtung nicht günstig, lässt sich dies oft auf ungenaue oder fehlerhafte Vorstellungen unserer Anatomie in der Bewegung zurückführen. Wenn wir eine etwas genauere Vorstellung von den anatomischen Zusammenhängen unseres Körpers haben, können wir unsere Körperwahrnehmung, verbunden mit Visualisierungs- und Imaginationstechniken nutzen, um ungünstige Haltungs- und Bewegungsmuster aufzuspüren und durch für uns günstigere zu ersetzen.

Die Anwendung von Imagination

Durch die Anwendung anatomisch -biomechanischer oder metaphorischer Vorstellungsbilder können wir Bewegungsabläufe visualisieren. Eine Vorstellung muss nicht unbedingt ein Bild sein, es kann ein (Bewegungs-)Gefühl, ein Geräusch oder Klang, eine körperliche Erinnerung, ein Gedanke, ein Geruch oder eine Berührung sein. Durch die mentale Simulation einer Bewegung wird das Nervensystem auf eine neue Bewegungskoordination vorbereiten. Eine Veränderung kann in Gedanken bereits gespürt werden, auch wenn sie noch keine Realität geworden ist.

So wie jedes Training, braucht auch die Arbeit mit Imagination Übung. Mit der Zeit lässt unser Körper dann spontan unterstützende Botschaften in Form von Bildern und Wahrnehmungen ins Bewusstsein aufsteigen.

Wenden wir Vorstellungsbilder, die sich an der Anatomie unseres Körpers orientieren, auf die Bewegungsabläufe im Yoga an, kann sich dies positiv auf den Bewegung- und Energiefluss auswirken und uns dabei unterstützen die zwei Qualitäten „Stabilität und Leichtigkeit“ (Yoga Sutra 2.48) in den Asanas zu finden und zu vereinen.

Zu den Videos

  • Im ersten Video erfahrt ihr spannendes über den Aufbau eures Schultergürtels und findet Beispiele wie ihr Imagination nutzen könnt um eure Schultern zu entspannen.
  • Im zweiten Video geht es um die Koordination von Arm und Schultergürtel. Zum Beispiel im Sonnengruß und Krieger gut anwendbar
  • Das dritte Video gibt uns durch die Verkörperung unseres Becken und unserer Hüftgelenke eine stabile Basis für alle stehende Positionen
  • Es folgt ein Video, das die Beweglichkeit zwischen Schädel und Atlas und ebenfalls die zentrierte Ausrichtung unseres Kopf zum Thema hat
  • Im letzten Video bekommen wir ein Gespür für das Verhältnis von Becken und Kopf zueinander, lassen unsere üblichen Haltungsmuster einen Moment ruhen, und arbeiten in der Rückenlage
  • Das Bonus-Video zum dynamischen Becken, ist für Fortgeschrittene und all diejenigen, die Spaß an feiner Wahrnehmung haben, sicherlich eine Entdeckung

Alle Videos haben einen kleinen Anteil improvisierter Bewegung. Da es keine Form zu erfüllen gibt, seid ihr frei in eignen Bewegungen das zuvor Erfahrene auszuprobieren und anzuwenden oder einen Moment einfach zu tanzen und die Erfahrungen in der Bewegung nachklingen zu lassen.

Zur Anwendung im Yoga

Ihr könnt einige der Vorstellungsbilder, die euch angesprochen habe bewußt in einfachen Bewegungen anwenden oder euch ganz auf die Bewegungsabläufe der Yogaklasse konzentrieren und darauf vertrauen, dass die Arbeit mit der Franklin Methode in die Yogaklasse hineinwirkt.